Sydney, Australien - Same shit,different days
Mit sommerlichen
Weihnachtsgrüßen melden wir uns endlich mal wieder aus Sydney! Ja,
wir leben tatsächlich noch.
Seit dem letzten Eintrag hat sich
arbeitsmäßig nicht wirklich viel geändert, sodass wir entweder im
Rennstall arbeiten oder die restliche Zeit einfach nur müde sind.
Jetzt zählen wir allerdings schon die Tage, denn am 02.01.2019
werden wir uns hier mit Pauken und Trompeten verabschieden und unsere
große Reise durch und um Australien starten – worüber wir absolut
nicht traurig sind. Aber zunächst lassen wir mal kurz die letzten
Wochen Püree massieren – äh, Revue passieren. Das Ganze wird
aufgrund der chronischen Müdigkeit meinerseits – um 17:30Uhr kann
man schon mal bettfertig herumliegen - und der einfachheitshalber
kategorisch und nicht wie sonst chronologisch ablaufen.
Die Arbeit
Der Rennstall Gai
Waterhouse Racing umfasst insgesamt fünf Ställe, die allesamt um
die Pferderennbahn „Royal Randwick“ gelegen sind. Wir arbeiten im
„Main stable“, also dem Hauptstall, der hier auch scherzhaft
Mumbai bzw. Little India genannt wird. Der Grund dafür ist genau
der, den man vermutet: Hier arbeiten hauptsächlich Inder und die
offizielle Sprache ist indisch. Auch unser „Boss“ ist Inder und,
naja drücken wir es mal vorsichtig aus, ziemlich speziell. Zumindest
zu den meisten Mitarbeitern und hauptsächlich gegenüber den
Mitarbeiterinnen. Ich hab das Glück, dass er mich mag – Luisa eher
weniger. Am Anfang war es für mich, als relativ kommunikativer
Mensch, sehr sehr schwierig, da 90% der Mitarbeiter im Stall kaum
oder gar nicht englisch sprechen und sie sich während der gesamten
Zeit nur auf indisch unterhalten haben, was das gemeinsame Arbeiten
für jemanden der nicht indisch spricht eher schwierig macht. Aber
mittlerweile bin ich ziemlich gut mit meinen indischen Buddys -
zumindest mit den Meisten. Für Luisa haben sie mittlerweile auch
einige Namensvariationen erfunden, die sich täglich ändern. So ist
sie an einem Tag Lisa, dann Luizia, Lusi und auch schon mal eine
Luicy.
Außerdem haben wir
auch schon einige nette Menschen aus den anderen Ställen
kennengelernt und der Großteil der Leute hier ist auch wirklich sehr
freundlich und umgänglich. Die Arbeit an sich ist, abgesehen von den
Rahmenbedingungen (Arbeitszeiten und Boss), ziemlich interessant und
für mich völliges Neuland. Wir betreuen insgesamt 65 Rennpferde im
„Main“ und unsere Tätigkeiten umfassen allgemeine Stallarbeiten
(ausmisten und pipapo), das Führen der Pferde zu den Walkern (große,
karusellähnliche Geräte, in denen ca. 15 Pferde voneinander
abgetrennt im Kreis laufen), zu den Reitställen, wo sie gesattelt
und geritten werden, außerdem schwimmen wir die Pferde in einem
großen Pool.
Gegen Ende der
Frühschicht waschen und putzen wir die Pferde. Ab und zu werden wir
auch zu so genannten „Trials“ geschickt. Das sind
Trainingsrennen, bei denen sich Rennpferde aus verschiedenen
Rennställen in und um Sydney auf einer Rennbahn in und um Sydney,
messen. Auf Grund der flächenmäßig enormen Größe Sydneys, fährt
man da gemeinsam mit den Pferdchen im Truck locker eine Stunde pro
Strecke, die man rein theoretisch schlafen könnte, wäre da nicht
das ohrenbetäubende Krachen und Knallen im Truck. Die Trials sind
aber meistens eine ziemlich willkommene Abwechslung zu den sonstigen
Tätigkeiten.
Bisher durften wir
noch nicht auf einem richtigen Rennen arbeiten, was aber in den
nächsten Tagen sicherlich nochmal passieren wird.
Außerdem haben wir
uns nach dieser, objektiv betrachtet, kurzen Zeit verglichen mit den
restlichen Mitarbeitern schon ziemlich bewährt, sodass wir nur noch
selten die nervigen Stallarbeiten wie zum Beispiel ausmisten oder
füttern übernehmen müssen. Besonders für mich, als absoluter
Neuling auf diesem Gebiet, ist das eine ziemlich positive
Rückmeldung, wenn ich zum Beispiel den ganzen Stallbereich mit den
13 zweijähigen Hengsten „dressen“, also die halben Millionen
Dollar auf vier Hufen, herrichten darf. Für Luisa, als alte Häsin
auf dem Gebiet, ist das Ganze aber eher unspektakulär.
Ganz und gar
nicht unspektakulär ist hingegen der physische Aspekt der Arbeit.
Wir haben beide schon ordentlich Pfunde verloren, obwohl wir jeden
Tag nur geile Sachen (Burger, Pizza, Pommes, Chips, Schoki, etc.) in
uns reinstopfen. Das ist mal ein Diätprogramm! Das Ganze wird uns
durch den alltäglichen Halbmarathon ermöglicht, den wir im Zuge
unserer Arbeit zurücklegen müssen. Das liegt daran, dass die
Strecke vom „Main“ zum Trainingspool, den Walkern oder den
Reitställen und wieder zurück insgesamt 2,5km beträgt und wir pro
Tag um die 10 Pferde hin und her führen müssen. Zusätzlich ist die
Arbeit im Stall körperlich sehr fordernd, also: Bikinifigur und
Blasen an den Füßen ahoi!
Durchschnittlicher Arbeitstag |
Neben den Pferden im
Stall treffen wir auch tagtäglich Mäuse und Ratten in den
Pferdeboxen und Luisa hatte beim Füttern auch schon ihre erste
Begegnung mit einer etwas größeren Spinne. Besonders witzig daran
ist, dass ich bis dahin fast jeden Tag das Futter gemacht hatte und
neben zahlreichen Kakerlaken noch nichts wirklich ekelhaftes in den
Trögen gefunden hatte und Luisa beim ersten Mal direkt so ein
Spinnenvieh sieht.
Wir kennen mittlerweile durch die tagtägliche - und damit meine ich
wirklich tagtäglich: wir arbeiten 13 Tage durchweg, dann haben wir
einen Tag frei - die ganzen Pferde in unserem Stall und haben einige
von ihnen auch schon wirklich ins Herz geschlossen. Die Arbeitszeiten
werden wir sicherlich nicht vermissen, das Arbeitsumfeld werden wir
vielleicht ein wenig vermissen, aber die Pferde werden wir definitiv
vermissen – ja, sogar ich!
Rückwirkend betrachtet ist uns jetzt auch klar, warum es so einfach
war an den Job zu kommen. Die Arbeitszeiten und die harte Arbeite
haben schlichtweg eine chronische Unterbesetzung zur Folge, weshalb
hier wahrscheinlich selbst eine Katze, solange sie miauen kann, einen
Job bekommen würde. Damit wäre auch die Frage beantwortet wie
manche unserer Kollegen, ohne ein Wort englisch zu sprechen an den
Job gekommen sind. #nooffense
Am 17.12. fand bei sommerlichen 30°C eine Weihnachtfeier in einem
Mini-Golf-Club statt, zu der alle möglichen Leute aus den Ställen
eingeladen waren. Da Getränke und Essen auf den Rennstall gingen,
hatten wir am nächsten Tag auch leichte Probleme uns nach 2h Schlaf
um 02:30 Uhr wieder aus dem Bett zu quälen.
Mit unserer Wohnsituation haben wir uns mittlerweile ganz gut
angefreundet und haben auch zu unseren Mitbewohnern Heath, Lulu,
Vicktoria und Antonella ein sehr guten Draht, was das Ganze hier für
uns ziemlich erträglich macht. Auch unsere zwei haarigen
Mitbewohnerinnen Juggler und Tully, zwei Rotweilerweibchen, haben wir
ganz fest in unser Herz geschlossen, selbst dann, wenn sie mal wieder
Socken klauen und mit Spaß zerstören.
Freizeit
Wenn wir es schaffen
nach der Arbeit nicht totmüde ins Bett zu fallen, verbringen wir
unsere Nachmittage damit, das Auto für unsere große Reise
auszustatten und kleine bis mittlelgroße Ausflüge zu unternehmen.
Der Autoausbau ist schon nahezu abgeschlossen, wir haben uns in
eigener Planung ein Bettgestell hineingebaut, Campingequipment usw.
gekauft und waren dabei nicht nur einmal dem Wahnsinn nahe.
Letztendlich sind wir mit dem Ergebnis sehr zufrieden, auch wenn
immer noch einige Kleinigkeiten fehlen – Stichwort: Packetdienste und Onlinestores in Australien.
Als Zuschauer waren wir bereits bei einem Pferderennen auf der
angrenzenden Pferderennbahn und haben auch schon unsere ersten 20$
verwettet. Es ist schon ziemlich cool, wenn man einige Pferde rennen
und gewinnen sieht, die man kurz vorher noch im Stall gesehen hat
bzw. deren Training wir aktiv betreuen. Unser Rennstall hat an den
meisten Renntagen einige Gewinner vorzuweisen und ist einer der
erfolgreichsten in ganz Australien.
Auch die zahlreichen Strände und vielfältigen Stadtviertel
Australiens ziehen uns ab und an mal in ihre Nähe.
Ich versuche mich
so häufig wie möglich im Freediving, also dem Tauchen ohne
Sauerstofftank und dem Speerfischen. Dabeihatte ich tatsächlich
schon Erfolge! Ja, die Fische waren alle genießbar und sehr
lecker! ;)
Meinen ersten Hai hab
ich auch schon gesehen. Ich war allein (sollte man ja eigentlich
nicht machen) Speerfischen,
wobei die Sicht an diesem Tag maximal 3-4m war, als ich ca 5m tief
war hab ich auf einmal zwischen den Pflanzen am Grund ein ca 1,5m
großes graues Etwas mit schwarzen Streifen gesehen. Von meiner
Neugier getrieben, bin ich kurz nochmal an die Oberfläche, um Luft
zu holen und direkt wieder runter. Als ich in ca 8m Tiefe war, hab
ich dann gesehen, dass dieses Etwas kein Stein ist, sondern, dass es
Augen und eine Flosse hat. Also umklammerte ich meinen Speer und
tauchte mit einem ordentlichen Schreck in den Knochen so schnell wie
möglich auf und entfernte mich von der Stelle. Wie ich später
herausfand, war das ein so genannter Port-Jackson Shark, der zum
Glück zu den gechillten Vertretern der Haie zählt.
Ein weiteres Highlight der letzten
Tage war der Ausflug zum Manly Beach. Diesen erreicht man sehr
kostengünstig via Fähre vom Darling Habour aus. Genauer gesagt
zählt diese Fähre zu den öffentlichen Verkehrsmitteln, sodass wir
unseren letzten freien Sonntag, an welchem man nur einmalig 2,8$ für
die Benutzung aller ÖPNV zahlt, direkt mal dafür nutzten.
Der Strand liegt im Norden Sydneys und unterscheidet sich zwar kaum
von den restlichen Stränden, dafür bekommt man aber von der Fähre
aus einen unglaublich guten Blick auf die Skyline Sydneys.
Weihnachten
So wirklich weihnachtlich ist das
hier alles nicht. Und es ist für uns immer wieder skurril bei
sommerlichen Temperaturen und in Sommerklamotten
und Flipflops an Weihnachtsdekorationen vorbei zu gehen. Aber
wir werden das Beste daraus machen und mit einigen Freunden aus dem
Stall zu einer der zahlreichen Weihnachtspartys an den Strand gehen.
Bilder werden folgen!
Wir wünschen allen ein schönes und besinnliches Weihnachtsfest im
Kreise eurer Lieben. Wir denken an euch! Und falls ich nicht nochmal
dazu komme vor Silvester einen Eintrag zu schreiben wünschen wir
auch noch einen guten Rutsch ins neue Jahr, in dem wir diesmal zuerst
sein werden!
Wir freuen uns über jede Nachricht von euch, bis bald!
Luisa & Marc
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