Theodore / Keppel Island - Ein ganz besonderer Tag und viel Baumwolle
Wenn ihr euch
demnächst Klamotten aus Baumwolle kauft, denkt immer daran: wir
könnten unsere Hände schon an der Baumwolle gehabt haben!
Wie bereits erwähnt, haben wir die letzten drei Wochen damit verbracht Familie French aus
Theodore bei der Baumwollernte zu unterstützen und dadurch unsere
finanzielle Lage aus der Schieflage zu hiefen. Theodore ist ein
„Städtchen“ mit ca. 450 Einwohnern und ist im Outback gelegen.
Ich schreibe trotzdem nicht „Dorf“, da es in Theodore so gut wie
alles gibt, was zum Leben gebraucht wird: ein Pub, eine
Einkaufsmöglichkeit, ein Hotel, Fitnesscenter, Tennisverein,
Golfplatz, Schule, Kindergarten, zwei (!!) Cafés, Tankstelle usw.
Warum ein so kleines Kaff so gut ausgestattet ist, fragt ihr euch?
Ganz einfach, weil im Umkreis vom 100km nichts anderes ist als
Felder, Steppe, Kühe und Kängurus. Wir waren für die Zeit im Hotel
Theodore untergebracht, was nicht unbedingt schön, aber sauber und
zweckmäßig war. Außerdem hatten wir aufgrund der Arbeitszeit von
durchschnittlich 8 Uhr – 21 Uhr sowieso nicht besonders viel Zeit
den Charme von vergilbten Wänden und den Geruch des 30 Jahre alten
Teppichbodens aufzusaugen. Die Arbeitszeit hatte auch zur Folge, dass
wir das Glück hatten, jeden Abend mit Familie French zu Abend zu
essen. Familie French, das sind unser Boss Andrew, seine Frau Jess,
Harriet die Tochter der beiden und Andrews Eltern Peter und Diana. Da
wir immer abwechselnd bei Andrew & Jess oder bei Peter &
Diana zum Essen waren, konnten wir beide Familien kennenlernen. Wir
hatten super interessante Gespräche, lachten viel und fühlten uns
bei diesen herzlichen Menschen tatsächlich ein bisschen heimisch.
Unsere tägliche
Arbeit sollte im Großteil daraus bestehen, auf so genannten
Modulbuildern – großen, blauen Metallkisten mit aufgesetzter
Hydraulikpresse – zu sitzen, von da aus das Einfüllen der
Baumwolle in ebendiese zu koordinieren, die Flauschbälle
anschließend in ca. 14t schwere Quader zu pressen, diese noch mit
einer Plane zu bedecken, die durch vorher hinein gelegte Seile
gehalten wird und zum Abschluss noch die heruntergefallene Baumwolle
aufzusammeln, den Traktor mitsamt Modulbuilder vorwärts zu bewegen
und dann das Ganze von neuem zu beginnen. (nicht das Atmen beim Lesen
vergessen!) Andrew erntete die Baumwolle mit einem großen
traktorähnlichen Gefährt, genannt Picker, der genau das machte
wonach es klingt, er pflückt die Baumwolle von den Sträuchern. Aus
dem Picker kam die Baumwolle dann in einen großen Hänger an einem
Traktor, von da aus dann wiederum zu uns, in die Modulbuilder. Neben
Andrew und uns arbeiteten noch drei weitere Personen aus Theodore mit
bei der Ernte. Da war Phil, der den Traktor mit dem Hänger fuhr und
dezent cholerisch angehaucht war, noch ein Phil und Boyd, der Luisa
eines Abends erzählte, dass er morgens ab 4 Uhr Dingos und Wildhunde
jagen geht und für die Skalps dann Kohle vom Government einstreicht. Beim Berichten darüber zeigte er die gleichen Emotionen wie beim Belegen
einer Stulle, was Luisi mit aufgerissenen Augen und offenem Mund zurückließ. Phil und Boyd taten das Gleiche wie wir auf einem
zweiten Modulbuilder. Außerdem half auch Peter, Andrews Vater, er
hat das Business mittlerweile zwar an ihn übergeben, ackert aber
dennoch mit auf dem Feld herum. Erste Erkenntnis der Arbeit:
Baumwolle wächst nicht auf Bäumen! Ich war bisher zu faul zu
googlen, woher die Bezeichnung stattdessen kommt, falls es also
jemand weiß oder die Motivation findet es zu googlen, bitte in die
Kommentare schreiben! Zweite Erkenntnis: Man gewöhnt sich sehr
schnell daran 8 Liter Wasser am Tag zu trinken, wenn es zwischen 9
Uhr und 18 Uhr durchgängig um die 40°C hat!
Unser Dienstwagen |
Unser allererstes Modul, an einem guten Tag haben wir davon 11 Stück gemacht |
Unglücklicherweise,
bzw. glücklicherweise für uns, regnete es direkt am Abend unseres
ersten Arbeitstages. Das bedeutet, je nach Regenmenge, mindestens
zwei arbeitsfreie Tage, an denen die Baumwolle trocknen kann. In
unserem Fall waren es sogar drei Tage, die wir frei bekamen. Darüber
waren wir nicht besonders traurig (im Gegenteil, ich war
hocherfreut!), da wir dadurch den Valentinstag frei hatten.
Der Grund für meine
große Freude war, dass ich schon seit Beginn unserer Reise nach
einem geeigneten Zeitpunkt gesucht hatte meiner Luisi die Frage aller
Fragen zu stellen. Als ersten Zeitpunkt hatte ich mir Silvester in
Sydney dafür ausgesucht, was aber nicht geklappt hat, da es noch
Probleme mit der Ringgröße gab. Es ist übrigens gar nicht so
einfach, die Ringgröße von jemanden herauszufinden, mit dem du 24h
am Tag zusammen bist und diejenige nichts davon mitbekommen soll.
Dann, nachdem ich Mitte Januar, mit einigem logistischen Aufwand, den
Ring in Brisbane abholen konnte, plante ich alles für den Valentinstag
in Cairns. Ich organisierte den Tag durch, reservierte einen Tisch in
einem super Restaurant und suchte mir den schönsten Strandabschnitt
aus. Aber Pustekuchen, dann kam der große Regen im Norden der
Ostküste und wir mussten umplanen und ich war kurz vorm Verzweifeln,
da es so aussah als würden wir am Valentinstag den ganzen Tag
arbeiten und als müsste ich noch ewig mit dem Antrag warten und
akribisch darauf achten, dass Luisi den Ring nicht findet. Aber
genauso wie mir der Regen erst einen Strich durch die Rechnung
gemacht hatte, so eröffnete er mir nun doch die Möglichkeit, meinem
innersten Bedürfnis Luft zu machen. Und so beschlossen wir (mehr
oder weniger ich), dass wir diesen Tag auf Keppel Island verbringen
wollen. Also fuhren wir am Tag davor bereits nach Rockhampton und
setzten dann am Valentinstag um 9 Uhr auf die wunderschöne Great
Keppel Island über. Nach einer kurzen Wanderung erfrischten wir uns
im klaren Wasser an kilometerlangen, einsamen Sandstränden und
stürzten uns bewaffnet mit Taucherbrille und Schnorchel in die
Unterwasserwelt. Dabei wurde uns wiedermal einiges geboten:
Am späten Nachmittag fuhren wir dann schon wieder mit der Fähre ans
Festland, wo wir dann noch ein 3 Gänge Menü im Restaurant
genossen. Meine Nervosität wuchs mit fortschreitender Zeit ins Unermessliche, sodass mir heute immer noch völlig unklar ist, wie
Luisa nichts davon mitbekommen hat. Nach dem Essen wollte ich, zum
völligem Unverständnis seitens Luisa, nochmal unbedingt zum Strand.
- Gedächtnisprotokoll -
M (mega nervös): „Lass uns nochmal an den Strand fahren,
ich hab noch etwas zum Anstoßen besorgt.“
L (verwirrt): „Hä? Was sollen wird denn jetzt noch am
Strand, los wir fahren lieber nach Theodore zurück.“
M (noch nervöser): „Nee, komm, nur kurz was trinken, wär
doch schön. Jetzt hab ich das extra besorgt.“
L (mit Nachdruck): „Marc, mach nicht so ein Firlefanz jetzt,
es ist doch nur Valentinstag!“
M (immer nervöser werdend): „Doch wir fahren jetzt dahin.
Nur kurz. 5 Minuten!“
L (nachgiebig): „Okay, aber
nur kurz, wir müssen immerhin noch 3h Auto fahren.“
M (nervös²³²³³²³):
„Jo, aber gib mir mal 2
Minuten Vorsprung!“
Und ja, sie hat nach eigener Aussage
immer noch nichts geahnt! Ich bin dann an den Strand gegangen, hab
mit zittrigen Händen eine Lichterkette ausgebreitet und Luisa
anschließend mit zittriger Stimme und einem Knie am Boden gefragt,
ob sie meine Frau werden will. Und offensichtlich hat sie JA gesagt
und zwar nicht nur einmal!
Die dreistündige Rückfahrt nach Theodore wurde dann mit Telefonaten
nach Hause verbracht. Es war für uns beide schön zu sehen, dass
sich alle mit uns freuen. Obwohl
ich nicht die Gelegenheit hatte Holger
um „Erlaubnis“ zu fragen (über Telefon hätte ichs blöd
gefunden), konnte er nicht
verbergen, dass er sehr, sehr
glücklich über diese Neuigkeit war.
Um 02:30 Uhr hatten wir dann
endlich alle erreicht und lagen erschöpft und überglücklich im
Bett.
Von Peter und Diana wurden wir sogar in "deutsch" beglückwünscht. Peter hat versucht, den Text in deutsch vorzulesen und es klang unglaublich witzig |
Die Tage vergingen danach wie im
Flug. Apropos Flug: Nach der Ernte hatte uns Peter, der ein eigenes
kleines Flugzeug besitzt, auf einen Rundflug über Theodore
eingeladen. Hierbei konnten wir einen unglaublichen Blick über die
Gegend erhaschen und fühlten uns frei und lebendig während wir
die riesigen Wolken umkreisten. Nach dem Flug verbrachten wir den
Nachmittag gemeinsam mit Peter und Andrew auf dem Golfplatz. Luisi
hatte nach knapp 2h keine Lust mehr und verbrachte den Nachmittag mit
Jess und Harriet. Nach einem gemütlichen Grillabend gemeinsam mit
allen hieß es dann am folgenden Tag auch schon Abschied nehmen. Wir
hatten wirklich schöne drei Wochen hier in Theodore und werden die
Gastfreundschaft und Herzlichkeit von Familie French niemals
vergessen!
Co-Pilotin Luisi |
Theodore von oben |
Da liegen unsere Module |
Golfprofi Luisi |
On the road again! Bzw. daneben... |
Mittlerweile sind wir schon von
Brisbane nach Cairns geflogen und starten morgen auf
unsere langersehnte Tauchtour. Wir freuen uns schon, euch davon zu
berichten!
Bis bald,
Luisa & Marc
Lieber Arbeitgeber, ja ich weiß, wärend der Arbeitszeit Marcs Blog gelesen, Baumwolle gegoogelt und kommentiert...
AntwortenLöschen...ich schreib die nächste Überstunde nicht! .
"Der Name „Baumwolle“ leitet sich von den Büscheln langer Fasern in den Früchten der Baumwollpflanze ab, welche die Ausbreitung der Pflanzensamen über größere Distanzen ermöglichen. Allerdings ist die Baumwollpflanze trotz des Namens kein Baum, sondern ein bis zu 6 Meter hoher Strauch." (Wikipedia)
Hey ihr beiden. Ich erfreue mich an jedem Eintrag im Blog und genieße die australischen Eindrücke von der anderen Seite der Erde. So schön Australien auch sein mag, bin ich doch froh "zu Hause" zu sein. Ich gratuliere Euch dazu, dass ihr Euch traut und wünsche Euch nur das Beste! Genießt weiterhin Down under, bald geht es zurück!
Liebe Grüße Steffen N.